Im September haben Tina und ich mit einer neuen Ausbildung bei der „Akademie Philosophieren mit Kindern & Jugendlichen" begonnen. Diese Ausbildung schließt mit einem Zertifikat zur „Philosophischen Gesprächsführung mit Kindern und Jugendlichen“ ab. Ich habe mich schon immer sehr für die Philosophie interessiert, aber gerade in Zeiten wie diesen finde ich das Philosophieren mit den Kindern doppelt so wichtig! Ausgehend von philosophischen Fragen werden Themen wie "Wer bin ich?", Mobbing, Toleranz, die eigene Haltung, "Was sind Werte?" oder Anderssein behandelt. Alles Themen die uns täglich in den Zeitungen begegnen. Wie ich den Medien entnehmen konnte, überlegt die Oberösterreichische Landesregierung einen „Wertekodex“ für oberösterreichische Schulen und Kindergärten zu erstellen. Ist es nicht besser die Kids selbst diese Werte erarbeiten und hinterfragen zu lassen?
Das besondere an unserer Ausbildung ist, dass sie sehr praxisorientiert ist. Bereits nach dem ersten Modul wurden wir angehalten, das gelernte um zu setzten. Ich habe mich entschieden mit den älteren Schülern zu philosophieren während Tina ihre Praxisstunden mit der P1 absolviert. Jeden zweiten Dienstagnachmittag steht nun Philosophieren auf dem Programm. Zu Beginn haben wir gemeinsam die Grundregeln erarbeitet, hier einige Beispiele: Wer den Ball in der Hand hat ist am Wort, die Anderen schweigen und hören zu! Nach jeder Wortmeldung geht der Ball zurück an mich, so kann ich das Gespräch gut lenken und habe die Möglichkeit das Gesagte zusammen zu fassen. Es gibt keine falschen oder blöden Fragen bzw. Antworten. Keiner wird ausgelacht! Andere Meinungen werden akzeptiert! Natürlich kann man für seine Sicht der Sache argumentieren, aber es ist nicht das Ziel Andersdenkende zu überzeugen…………. Am Anfang war es für die Schüler recht ungewohnt, aber trotz allem erhielt ich nur positive Rückmeldungen. Mittlerweile freuen sie sich schon darauf und fragen mich bereits am Morgen ob wir heute wieder philosophieren. Was ich mir von dem gemeinsamen Philosophieren erwarte? Nun, beim Philosophieren geht es um die Etablierung einer Gesprächskultur und Haltung in der Gemeinschaft. Die Schüler sollen ihre eigenen Gedanken entwickeln. Sie erfahren eine neue Qualität im Zuhören, im Reflektieren und im Nachdenken über ein Thema. Philosophieren bietet eine Möglichkeit herauszufinden, wer man ist, was man will, wie man leben kann….. Es hilft Orientierung im Leben zu finden ohne auf vorgefertigte Antworten, vermeintliche Lösungen oder Ratgeber angewiesen zu sein. Durch das gemeinsame Philosophieren in der Gruppe wird die Auseinandersetzung mit existentiellen Fragen in Gang gesetzt und gefördert. Als ich einer Bekannten vom Philosophieren mit Kindern erzählte, meinte sie: „Interpretierst du da nicht zu viel hinein? Immerhin sind es ja trotz allen noch immer Kinder, die denken nicht so hochtrabend…….“ Diese Aussage beweist für mich, dass sie noch nie ernsthaft mit einem Kind oder Jugendlichen über solche Themen gesprochen hat. Dass sie keine Ahnung hat, welch wunderbare Aussagen von den Kids kommen! Wir hatten Philosophierunden zu den Themen ICH, FAMILIE und LEBEN und es kamen so tolle Beiträge von den Kindern!!!!! Ich bin zwar mit meiner Ausbildung zur philosophischen Gesprächsführung noch nicht fertig, aber bin mir bereits jetzt sicher, dass philosophieren ein Fixpunkt in unsere Schule wird bzw. bleibt! Immer wieder liest man Forderungen nach Ethikunterricht oder eben diesen eingangs erwähnten Wertekaterlog. Wenn man mit den Kids philosophiert hat man alle diese Themen abgedeckt und gleichzeitig lernen sie sich in Diskussionen zu behaupten und werden selbstbewusster. Was kann man mehr wollen??? Lg Jutta
2 Kommentare
Sara Minic
23/10/2016 13:32:38
Ich gebe offen zu, dass ich auch zu der selben Sorte wie ihre Freundin gehöre. Ich gehe sogar noch einen Schritt weiter und finde, dass die im Blog angesprochenen Themen die Kinder überfordern! Warum können sie nicht einfach nur Kinder sein? Warum müssen sie schon so jung über solch ernste Themen nach denken?
Antworten
Ja, ich kann die Ängste mancher Eltern und PädagogInnen verstehen was das Philosophieren anbelangt. Das ändert sich sehr schnell, wenn Eltern verstehen, um was es dabei geht. Was bedeutet Philosophieren? Es geht um einen geschützten Rahmen, wo Kinder ihre Gedanken austauschen können und viele Gedanken geordnet und aufgegriffen werden, die sonst oft in Kindern einfach dahinschlummern. Ein Kind glaubte, dass es eigentlich niemanden zum Freund hatte und das kam beim Thema Freundschaft heraus. Wo passiert das? Wo finden denn die Kinder neben Fernsehen, Spielüberfluss, Tablets, Wischtelefone, Animationprogramm... usw. noch Platz und einen gesunden Rahmen, IHRE Themen zu behandeln? Und das in einer Gruppe? Überfordert sind Kinder wohl eher durch den digitalen Wahnsinn (dessen Auswirkungen auch noch unabsehbar sind) als durch das "Zusammensitzen und über ein Thema zu sprechen, welches DAS KIND bewegt. Was, wenn sich ein Kind anders fühlt und das aber nicht ausdrücken oder sich dazu austauschen kann?..mit anderen Kindern....Kinder denken! Sie sind gegenüber den Erwachsenen noch viel freier...UND sie stellen ununterbrochen Fragen! Oder nicht? Und was, wenn diese Fragen nicht aufgegriffen werden? sonnige Grüße, UP
Antworten
Antwort hinterlassen |
Details
Archives
Oktober 2020
|